Accrochage [Vaud 2011] & <br>Pauline Boudry, Prix du Jury 2010<br> Prix culturel Manor Vaud 2011

Accrochage [Vaud 2011] &
Pauline Boudry, Prix du Jury 2010
Prix culturel Manor Vaud 2011

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Im Jahr 2011 veranstaltet das MCBA zum neunten Mal die der zeitgenössischen Waadtländer Kunstszene gewidmete Jahres¬ausstellung, die neuere, von einer Fachjury aus freien Bewerbungen ausgewählte Werke von Künstler/innen verschiedener Generationen präsentiert.

Für diese Ausgabe nahmen 189 Waadtländer oder im Kanton Waadt lebende Künstler/innen unsere Einladung an und reichten 441 Gemälde, Plastiken, Zeich-nungen, Fotografien, Videos oder Installationen ein. Die diesjährige Jury, die aus Jean Curchod, Dozent für Kunstgeschichte, Stéphanie Moisdon, Kunstkritikerin, Kuratorin und Mitgründerin von BDV (Bureau des vidéos), Caroline Nicod, freie Ausstellungsmacherin, Anne Peverelli, Künstlerin, und Konrad Tobler, Kunstkritiker, bestand, wählte 40 Werke von 24 Künstler/innen aus.

Yann Amstutz, Graziella Antonini, Luc Aubort, Jenny Baumat, Carola Bürgi, Marion Burnier, Geneviève Capitanio, Claudia Comte, Nicolas Denis, David Gagnebin-de Bons, Anne Hildbrand, Vincent Kohler, Lucie Kohler, Catherine Leutenegger, Mingjun Luo, Line Marquis, Genêt Mayor, Sébastien Mettraux, Noemi Niederhauser, Natalia Nossova, Cathia Rocha, Francisco Sierra, Körner Union, Orianne Zanone.

Der Preis der Jury 2011 wird am Eröffnungstag verliehen. Der/die Preisträger/in tritt die Nachfolge von Robert Ireland, Bernard Voïta, Yves Mettler, David Hominal, Anne-Julie Raccoursier, Jean Crotti, Elisabeth Llach und Pauline Boudry an.

Pauline Boudry et Renate Lorenz – Contagious! Jury-Preis 2010

Ein Raum wird vollständig von der Jurypreisträgerin 2010 Pauline Boudry bespielt. Die Künstlerin, die eng mit Renate Lorenz zusammenarbeitet, präsentiert die Installation Contagious!, eine Rekonstruktion der epileptischen Tänze, die im späten 19. Jahrhundert das Paris der Kolonialzeit in Atem hielten.

Mit ihren Werken wollen Pauline Boudry und Renate Lorenz Inszenierungen und Praktiken, die ihr Spiel mit sexuellen Identitäten treiben, durch die Geschichte und die Diskurse hindurch bewusst machen. Die beiden Künstlerinnen sichten Archiv-bilder und vermitteln eine fesselnde Form von «Queer-Archäologie», in der sich Fragen nach Geschlecht und Ethnizität vermischen und die Bedingungen und Er-scheinungen normabweichender, transgressiver Identitäten erkundet werden. Die Filme von Boudry und Lorenz lassen «epileptische Tänze» des 19. Jahrhunderts, Selbstporträts und Lebensberichte der ungewöhnlichen Hausangestellten Hannah Cullwick, Theorien des Wissenschaftlers Magnus Hirschfeld oder die Figur der Salome wiederaufleben, um sich mit zeitgenössischen Normen, die Abweichung und Normalität verbinden, auseinanderzusetzen. In den gewöhnlich in 16 mm ge-drehten Arbeiten treten Künstler/innen auf, die im Bereich von Performance oder Tanz tätig sind, wie Werner Hirsch und Yvonne Rainer. Kamera, Requisiten, Kleider und Musik, alle Elemente, die sie in ihren Rekonstruktionen einsetzen, gewinnen autonome Formen und fördern auf diese Weise eine einzigartige reflexive Ästhetik.

Laurent Kropf. PORNTIPSGUZZARDO
Manor-Kunstpreis Waadt 2011

Der Lausanner Künstler Laurent Kropf, Träger des Manor-Kunstpreises Waadt 2011, konzipiert ein neues Werk für das Musée cantonal des Beaux-Arts in Lau­sanne. Seine schwungvollen narrativen Installationen schaffen eine Syntax aus literarischen und filmischen Bezügen, die mit sozialen Darstellungscodes angerei­chert ist. Eine Sprache, die Lebenssplitter und monumentale Situationen mischt und einander gegenüberstellt.

Mit PORNTIPSGUZZARDO bespielt Laurent Kropf den grössten Saal des Museums. Die monumentale Installation, die den Zugang für die Besucher/innen versperrt, besteht aus farbigen Papierrollen für Fotohintergründe. Sie schaffen einen virtuellen Raum, eine Projektionsfläche, die sich lediglich durch eine Öffnung wahrnehmen lässt. Wer die Arbeit dieses Künstlers und vor allem seine Aus­einandersetzung mit der Zurschaustellung kennt, steht hier vor einem Werk, das Tabula rasa mit der Vergangenheit macht, da jegliches Bild fehlt. Dennoch geht es weiterhin um Darstellung, doch haben sich diesmal Gesichter, Objekte, Körper und Figuren verflüchtigt oder genauer, sie wurde «in Schwebe versetzt».

«Der Titel der Ausstellung, PORNTIPSGUZZARDO, bezieht sich auf ein Com­puterspiel namens SimCity. Darin geht es um den Bau einer Stadt auf einem völlig unberührten Grundstück (Eden, Ort, welcher der Wohnstätte von Rousseaus Gutem Wilden gleicht?). Der Spieler ist Bürgermeister; er muss also seine Stadt nach finanziellen, politischen und sozialen Gesichtspunkten verwalten. Er erhebt Steuern, um die Siedlung mit dem eingenommenen Geld zu entwickeln, hat des­halb jedoch häufig die öffentliche Meinung gegen sich.

PORNTIPSGUZZARDO ist der Code, der unendlich hohe Einkünfte aus allen denkbaren Quellen sichert. Er bringt Ansehen, ermöglicht niedrige Steuern und schrankenlose Entwicklung. Eine Art Parallelwirtschaft, die den Betrug des Spielers aufdeckt, der sich nicht an die Grundregel des Spiels hält: eine Simulation der realen wirtschaftlichen und politischen Welt in der Art der virtuellen Fonds, die sich vor zwei Jahren in Luft auflösten und eine Weltwirtschaftskrise hervorriefen.

PORNTIPSGUZZARDO ist eine Landschaft ohne Objekt, ein Hintergrund ohne Subjekt mit einer Einstellung auf unendlich. Es ist bar jeglichen Vorbilds.»

Publications

Pauline Boudry & Renate Lorenz, Temporal Drag

Mit Texten von Mathias Danbolt, Diedrich Diederichsen, Elizabeth Freeman, Denis Pernet, Marc Siegel, Andrea Thal und Hatje Cantz, Musée cantonal des Beaux-Arts, Lausanne, 2011, fr./en., 172 S.

CHF 32.-

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Laurent Kropf, Livre un: Le début d’une belle frénésie

Laurent Kropf (Hg.) MCBA-Ausgabe, Lausanne, fr./en.

CHF 15.-

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