Balthus (Balthazar Klossowski de Rola, dit)
Der König der Katzen, 1935

  • Balthus (Balthazar Klossowski de Rola, dit) (Paris, 1908 - Rossinière, 2001)
  • Der König der Katzen, 1935
  • Öl auf Leinwand, 78 x 49,7 cm
  • Schenkung der Fondation Balthus Klossowski de Rola, 2016
  • Inv. 2016-048
  • © Musée cantonal des Beaux-Arts Lausanne / Foto © Balthus / Harumi Klossowska de Rola

In seinen Selbstbildnissen nimmt Balthus eine Reihe von Identitäten an, ohne je die Maske fallen zu lassen. Im Jahr 1935 stellt er sich stehend dar, elegant gekleidet, eine Hand am Revers der Jacke, die andere auf die Hüfte gestützt. Eine getigerte Katze reibt sich an seinem rechten Bein. Die Enge des Raums und das harte Licht, das aus einer Dachluke zu fallen scheint, erinnern an einen Karzer. Der Raum mit den kahlen Wänden ist nur mit einem Hocker, einer Peitsche und einem Gemälde ausgestattet. Auf der Leinwand steht in Grossbuchstaben eine Inschrift, die das Geheimnis, welches das Werk umhüllt, teilweise lüftet: «A Portrait of H. M. The King of Cats, painted by Himself». Das Selbstbildnis zeigt also eines Maler-Monarchen, der an der Spitze eines von Katzen bevölkerten Reiches steht.

Mit Mitsou (1921), der Bildergeschichte einer gefundenen und sofort wieder verlorenen Katze, beginnt Balthus im Alter von elf Jahren eine lebenslange Beziehung zu diesem Geschöpf, halb Raub-, halb Haustier, das seit der Romantik die Freiheit, aber auch die Innenwelt kreativer Menschen verkörpert. In dem Jahr, in dem er dieses Porträt malt, nimmt er den Titel «King of Cats» an, mit dem er seine Briefe an seine zukünftige Frau Antoinette de Watteville signiert, nachdem er über einen Rivalen triumphiert hat. Als Sieger herrscht er nun über Kreaturen, die ihm gleichen. «Schon sehr früh hatte ich meine geheime, geheimnisvolle Zugehörigkeit zur Welt der Katzen erkannt. Ich spürte den gleichen Unabhängigkeitsdrang», schreibt er in seinen Erinnerungen. Hier erweist ihm eine seiner Untertaninnen ihre Ehrerbietung, doch die Peitsche ist ganz nahe und verwandelt die Genreszene in eine Allegorie des wilden Ichs, das es im Alltag zu zähmen gilt.

Die Komposition und der asketische Stil, die gedämpfte Palette und die dichte Faktur dieses Selbstbildnisses sind verwandt mit Manets Porträt Théodore Duret (1868, Paris, Petit-Palais). Hinzu kommt eine grossspurige Note nach englischer Art, eine Anspielung auf das Swagger Portrait.

Bibliografie

Camille Viéville, «Visions d’égotisme. L’autoportrait chez Balthus», in: Jean Clair, Dominique Radrizzani (Hg.), Balthus – 100e anniversaire, Ausst.-Kat., Martigny, Fondation Pierre Gianadda 2008, S. 31–36, Kat. 37.

Jörg Zutter (Hg.), Balthus, Ausst.-Kat., Lausanne, Musée cantonal des Beaux-Arts, Genf: Skira 1993.

Jean Clair, «Le sommeil de cent ans», in: Jean Clair (Hg.) und Virginie Monnier, Balthus. Catalogue raisonné de l’œuvre complet, Paris: Gallimard 1999, S. 7–56.

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